Warum wir eine Heimat brauchen

Oder: Weshalb wir entwurzelt einen schweren Stand haben

Kaltes zu Hause oder Sprung ins Ungewisse ist keine leichte Entscheidung.

Was wir mit Heimat verbinden

Heimat ist für uns Menschen ein großes Wort. Wir verbinden damit Stabilität und Geborgenheit. Heimat oder zu Hause ist für uns der Ort, an dem wir im Idealfall bedingungslos akzeptiert werden und zur Ruhe kommen können. An diesem Ort können wir in Ruhe Kraft tanken und reflektieren, um dann gestärkt den Herausforderungen des Lebens zu begegnen. Dort können unsere Wunden ungestört verheilen, während wir nach Lösungen suchen.

Dabei haben wir oft zunächst ein sehr räumliches Bild von der Heimat. Wir denken also zuerst an die Wohnung oder das Haus, in dem wir aufgewachsen sind und den damit verbundenen Annehmlichkeiten. Es ist eine Erleichterung für uns zu wissen, dass wir einen Ort haben, an dem wir uns von der Welt und ihren Herausforderungen vorübergehend zurückziehen können. Im Bewusstsein darüber, dass es im Notfall immer ein warmes Bett oder ein Dach über den Kopf für uns gibt, erleichtert und stärkt uns gleichzeitig.

Allerdings, wodurch wird eine Heimat zur Heimat? Liegt es am Ort? An der Temperatur? An den Breitengraden? Nein. Wie schon gesagt, ist Heimat der Ort, an dem wir bedingungslos akzeptiert werden und neue Kraft tanken können. Wodurch wird das ermöglicht? Durch die Menschen, die uns bedingungslos akzeptieren und uns umsorgen, wenn wir Probleme haben oder es uns anderweitig schlecht geht. Erst durch Menschen, die uns lieben, wird ein zu Hause ein schönes zu Hause, an dem wir uns sicher und geborgen fühlen und zu dem wir gerne zurück kehren, wenn wir nicht weiter wissen oder Probleme nicht alleine lösen können. Wenn wir dort anklopfen, wissen wir, dass die Personen immer gerne die Tür für uns öffnen und vielleicht auch einen hilfreichen Rat für uns parat haben.

Wenn Menschen keine Heimat haben

Das ist allerdings nicht immer der Fall. Oft genug ist ein zu Hause kein zu Hause, bzw. wird nicht als solches wahrgenommen, weil keine Wärme entgegenkommt, sondern absolute Kälte entgegenschlägt. Wir bekommen das Gefühl, nicht willkommen zu sein sondern bestenfalls geduldet. Wir können uns nicht entspannen und Kraft tanken, weil wir uns nicht akzeptiert fühlen und im schlimmsten Fall auch nicht geliebt.

Was tun solche Menschen, die nie einen sicheren Hafen hatten? Die das Gefühl, eine Heimat und somit Sicherheit zu haben, gar nicht kennen? Die keine wohlwollende Liebe, sondern nur Kälte erfahren haben? Solche Menschen sind entsprechend geprägt und daher oft unsicher, haben ein schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein und fühlen sich allein auf der Welt. In der Folge fühlen sie sich den Hindernissen des Lebens nicht gewachsen oder tun sich zumindest schwer damit, sinnvolle Lösungen zu finden. Sie wissen, dass sie kein zu Hause haben, in das sie zurückkehren können, weil sie nie willkommen waren und auch jetzt Ablehnung erfahren würden.

Menschen in einer solchen Situation verspüren tendenziell früher den Wunsch, selbstständig zu sein, weil sie unabhängig sein wollen von Eltern oder anderen Bezugspersonen, von denen sie sich nicht geliebt und angenommen fühlen. Mit der Selbstständigkeit assoziieren sie Freiheit und die Möglichkeit ihr Leben selbst zu gestalten. In diesem Bestreben werden sie zwangsläufig früh erwachsen, weil sie relativ schnell erkennen, dass sie mit dieser Entscheidung die Verantwortung für ihr Leben übernehmen.

Diese Persönlichkeiten verlassen also freiwillig früher das Nest, das sie nie als solches empfunden haben und wagen einen riskanten Schritt ins Leben als Erwachsene. Sie wissen, dass es nur auf sie ankommt, weil sie niemand auffängt.

Sich eine eigene Heimat schaffen

Findest du dich in diesen Worten wieder? Gehörst du zu den Menschen, die lieber früher als später den Versuch gewagt haben, aus eigener Kraft zu leben, weil du dich nie geborgen und angenommen gefühlt hast? Ist es dir auf vielleicht geradezu abenteuerliche Weise gelungen, die Hürden zu meistern und dir den nötigen Raum zu verschaffen, damit du uneingeschränkt du selbst sein und dich entfalten kannst? Fühlst du dich dennoch nicht sicher verwurzelt und weißt nicht so recht, wo du hingehörst?

Eines vorneweg zur Klarstellung: Du hast allen Grund, stolz auf dich zu sein und dir auf die Schulter zu klopfen. Es ist ein verdammt heikles Unterfangen mit wenig oder praktisch keiner Sicherheit den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und sich an ein anderes Ufer zu strampeln ohne jede Garantie auf Erfolg. Wenn du also so weit gekommen bist, dann ist das schon mal sehr bemerkenswert, weil das Stärke und Belastbarkeit beweist und zwar in einem überdurchschnittlichen Ausmaß. Werde dir dieser Qualitäten bewusst, dann hast du schon den ersten richtigen Schritt getan.

Es ist sehr wichtig, dass du dir deiner Qualitäten und Stärken bewusst wirst, denn sie sind wichtige Anteile deiner bemerkenswerten Persönlichkeit, wodurch du zwangsläufig mehr Selbstbewusstsein erlangst. Dieses Wissen kann dir niemand wegnehmen.

Je bewusster dir deine innewohnenden Stärken werden, desto mehr gelingt es dir, dich selbst zu akzeptieren und wertzuschätzen. Somit findest du Heimat und Stabilität Stück für Stück in dir selbst und mit dieser Sicherheit wirst du den Hürden im Leben umso souveräner begegnen können. Die zunehmend im Inneren erworbene Sicherheit wird sich auch allmählich im Außen erkennbar machen, weil du Wege finden wirst, deine Stärken nutzbringend für dich einzusetzen.

Außerdem wirst du auf deinem Weg Menschen begegnen, die dich verstehen und annehmen werden, entweder will sie offen sind oder vergleichbares erlebt haben. Sie werden dir deine Stärken noch deutlicher bewusst machen und dich noch mehr stärken.

Indem du dir also selbst eine innere Heimat schaffst, erlangst du eine Sicherheit, mit der du künftig das Leben souveräner meistern kannst. Diese innere Harmonie wird sich allmählich auch im Außen zeigen.

Alles Liebe

Sayeda